Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

als Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung freue ich mich sehr über den vorliegenden Haushalt für das BMZ.

Für das Jahr 2021 stehen nunmehr 12,4 Milliarden Euro für die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zur Verfügung. Es ist uns auch gelungen, einen Nachtragshaushalt von 1,55 Milliarden Euro zu erreichen, und wir werden das 0,7 Prozent Ziel voraussichtlich schaffen. Angesichts der immens großen Herausforderung der Corona-Pandemie ist das wirklich außergewöhnlich, und darüber kann man sich zu Recht freuen.

Das BMZ arbeitet mit bilateralen Partnerländern auf Regierungsebene zusammen und unterstützt diese Staaten unmittelbar mit technischen und finanziellen Mitteln. Hierzu gehören auch einige der am wenigsten entwickelten Länder (LDC), wie Mauretanien, der Senegal oder Äthiopien. Dort sind beispielsweise die Mitarbeiter der GIZ, der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, im Auftrag des Ministeriums vor Ort unterwegs.

Es gibt auch Staaten, in denen unsere direkte Unterstützung nicht mehr benötigt wird oder nicht zielführend wäre.

Bei diesen globalen Partnern engagieren wir uns über multilaterale Organisationen. Dazu gehören beispielsweise die Vereinten Nationen (VN) mit UNICEF oder der Globalen Impfallianz GAVI. In der aktuellen Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig ein abgestimmtes internationales Handeln ist. Das gilt für die Impfstoffentwicklung und ebenso für die zukünftige Impfstoffverteilung. Deshalb haben wir den Betrag für die VN im Zuge der Haushaltsberatungen noch einmal um 115 Mio. Euro aufgestockt.

Es ist bereits mehrfach gesagt worden: COVID-19 ist längst zu einer dramatischen Wirtschafts-, Hunger- und Armutskrise in den Ländern des globalen Südens geworden. Die Schwellen- und Entwicklungsländer kämpfen aktuell gegen die einsetzende globale Rezession, die unterbrochenen Lieferketten, gegen Preisschocks bei Rohstoffen und gegen eine beispiellose Kapitalflucht. Die Anzahl der Menschen, die von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen sind, wird sich verdoppeln; statt 135 Millionen Menschen könnten 270 Millionen Menschen erneut in akute Armut geraten und chronischen Hunger leiden. Das hat der Geschäftsführer des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley, kürzlich bei seinem Besuch im Ausschuss eindringlich geschildert.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich immer wieder Vertreter von deutschen und internationalen Organisationen, Vereinen oder Stiftungen kennengelernt, die in den Ländern des Globalen Südens mit einem großen Engagement aktiv sind:

Dazu gehören „Misereor“ oder „Brot für die Welt“, die politischen Stiftungen, die „Deutsche Welthungerhilfe“, „Plan International“ oder die „Christoffel-Blindenmission“. Aber auch private Initiativen engagieren sich, wie der Pfarrverband Seeon in Malawi oder der Lions Club Hannover in Sri Lanka. Das ist allen hier bekannt, und dafür sind wir sehr dankbar.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war zuvor Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, und deshalb ist mir auch noch etwas anderes wichtig: Die enormen Summen, die notwendig sind, um die globalen Entwicklungsziele, also die SDGs, zu erreichen, können nicht alleine aus öffentlichen Mitteln oder aus zivilgesellschaftlichem Engagement kommen. Hier muss auch die Wirtschaft mit ihrem Kapital und ihrem Knowhow aktiv werden, – und genau das geschieht schon.

Fakt ist, es gibt viele Rohstoffe in Entwicklungs- und Schwellenländern, die Deutschland nicht hat. Es gibt auch viele hochmotivierte junge Menschen, mit denen man vor Ort zusammenarbeiten sollte. Jetzt muss es gelingen, die bestehenden Möglichkeiten für alle gewinnbringend zu nutzen.

Die Wirtschaftsleistung in Afrika hatte sich vor Corona seit dem Jahr 2000 mehr als verdreifacht, was insbesondere für die Bereiche Digitalisierung und Erneuerbare Energien gilt. Bisher sind von insgesamt rund 3,6 Millionen deutschen Unternehmen allerdings nur etwa 1.000 in Afrika aktiv.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da geht mehr, und das sollten wir als Fachpolitiker weiterhin aktiv voranbringen. Das kann durch sogenannte Öffentlich-Private-Partnerschaften mit Unterstützung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), mit umfangreichen Dienstleistungen durch die Gesellschaft „Germany Trade & Invest“ (GTAI) oder durch Informationen von den deutschen Außenhandelskammern (AHK) geschehen.

Mir sind in diesem Zusammenhang vor allem Projekte im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Maßnahmen der Beruflichen Bildung wichtig. Glauben Sie mir, gerade hier gibt es viele Möglichkeiten, mit angehenden Fachkräften vor Ort zu kooperieren, und die 12 000 IT-Fachkräfte in Usbekistan stehen hier für den Erfolg einer deutschen dualen Ausbildung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir machen das alles jedoch nicht aus Selbstlosigkeit und reiner Nächstenliebe, auch wenn bald Weihnachten ist. Es ist nämlich in unserem eigenen Interesse, die Menschen in diesen Regionen zu unterstützen, damit sie eine Perspektive und eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien in ihrer Heimat sehen und schaffen können.

Unsere EZ sollte sich den globalen Herausforderungen stellen, denn wir leben in einer vernetzten Welt und nicht auf einer einsamen Insel. Mein alter Weggefährte, Bundesminister Dr. Gerd Müller, hat recht, wenn er sagt: Corona besiegen wir nur weltweit, oder gar nicht.

Das gilt auch für andere Bereiche, wie den wirtschaftlichen Fortschritt in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Und mit diesem Haushalt gehen wir dabei einen großen Schritt in die richtige Richtung.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.