Was wir hier machen ist der „Goldstandard“ Testen, Impfen, Abwasser-Monitoring und ein individuell entwickeltes Dashboard als Weg aus der Krise – Gesundheitsamtsfachleute im Dialog mit dem heimischen Bundestagsageordneten Peter Ramsauer

„Das was wir hier machen ist der Goldstandard“ betonte Dr. Rüttger Clasen vom Gesundheitsamt Berchtesgadener Land beim kurzfristig am Donnerstagnachmittag von Landrat Bernhard Kern anberaumten Termin mit dem heimischen Bundestagsabgeordneten Peter Ramsauer von dem er sich wünsche, wie er betonte, dass er den „Weg des Berchtesgadener Lands“ mit in die kommenden beiden Sitzungswochen nach Berlin nehme und die Corona-Positionen aus der Region dort aktiv vertrete.

Der Landrat zeigte sich überzeugt, dass man im Berchtesgadener Land mit seinen 15 Landkreiskommunen in Sachen Corona Vieles richtig mache, deshalb gehe man auch unter dem Motto „Gutes tun und darüber sprechen“ an die Öffentlichkeit. So betonte er in der Rückschau der vergangenen Monate, mit dem sprunghaften Anstieg der Inzidenz von 3,5 auf 290 im Oktober vergangenen Jahres und in der Folge dem Beginn von Deutschlands längstem Lockdown, dass der Landkreis eine sehr hohe Testrate, dadurch aber auch eine niedrigere Dunkelziffer habe. In der Spitze seien es mehr als 1.800 Testungen pro Tag in den beiden Teststationen in Bayerisch Gmain und Freilassing, was den engagierten ehrenamtlichen Helfern ein Extralob einbrachte. Mit dem Pilotprojekt Hausärztemodell sei man beim Impfen trotz der nach wie vor knappen Impfstoffliefermenge gut dabei, das Abwasser-Monitoring und das individuell für den Landkreis entwickelte Dashboard seien weitere flankierende wichtige Maßnahmen, mit denen sich der Landkreis in der Corona-Bekämpfung richtungsweisend gut aufgestellt habe.

Durch das Frühwarnsystem mit den derzeit 11 Probeentnahmestellen im Landkreis, das zusammen mit der Technischen Universität München, dem Sanitätsdienst der Bundeswehr und den Kommunen im Landkreis zusammen initiiert wurde, wird durch die Analyse des Abwassers die Virenlast schon drei bis vier Tage vor dem Steigen der Fallzahlen erkannt. Diese Hinweise hatten beispielsweise Anfang März dazu geführt, dass man bei anhaltend hohen Infektionszahlen in Teisendorf  ein mobiles Testteam eingesetzt hatte, das von den Bürgern überwiegend gut angenommen wurde, wobei es natürlich auch kritische Stimmen und Unverständnis in der Bevölkerung gäbe. Landrat Bernhard Kern wolle sich davon aber nicht beirren lassen: „Wir stehen zu unserem Weg“ betonte er und wies darauf hin, dass man weiterhin nach dem Motto „testen, testen, testen“ verfahren wolle. München teste zwar doppelt so viel wie das Berchtesgadener Land, habe aber 15 Mal mehr Einwohner als der Landkreis. Man sei aber überzeugt, dass die umfassenden Testungen eine der tragenden Säulen sei, die Pandemie nachhaltig in den Griff zu bekommen.

Dr. Rüttger Clasen betonte, dass man in Sachen Testungen präventiv auf die Betriebe zugehe, indem man umfassend informiere und berate. Die Resonanz der Betriebsleiter seien überwiegend positiv, Betriebe würden mehr und mehr ihre Mitarbeiter selbst testen. „Unter unseren Maßnahmen sinken die Fallzahlen“ so der Internist. Waren im Februar Schwerpunkte der Infektionen im Bereich der Betriebe erkannt worden, so verlagerten sich diese bei den Ansteckungen vermehrt in den Bereich privater Zusammenkünfte. Daneben sei bei rund 6.500 Grenzgängern weiterhin der Blick in das angrenzende Österreich von wichtiger Bedeutung: Bei Inzidenzen von kürzlich rund 270 sei man da entsprechend auch mit involviert.

Das entwickelte Landkreis-Dashboard, eine digitale Lagedokumentation, die mit Einsatz von Geoinformatik als Entscheidungshilfe für das Gesundheitsamt ausgebaut werde, sei ein „Prototyp mit nationalem Wissen“ wie Manfred Hasenknopf in seinen Ausführungen betonte. Die Zahlen aus dem Staatlichen Gesundheitsamt dienen als Datenbasis für das Dashboard, in dem die aktuellen Daten zum Infektionsgeschehen im Landkreis auf Gemeindeebene ausgelesen werden können. Das Berchtesgadener Land ist aktuell der einzige Landkreis mit einem derartigen Dashboard, andere Landkreise haben bereits ihr Interesse bekundet. In Sachen Digitalisierung habe die Pandemie im Gesundheitswesen viele Schwächen aufgezeigt. „Da ist noch viel Luft nach oben.“

Beim Impfen sei man im Landkreis Berchtesgadener Land „im Vergleich ziemlich weit“ wie Thomas Schmid, Leiter des Geschäftsbereichs Sicherheit und Ordnung, Kommunales , betonte: Rund 23.000 Impfungen konnten bisher insgesamt durchgeführt werden, zirka 8.000 Bürger hätten bereits die 2. Impfung bekommen. Das Impfen könne weiter an Fahrt gewinnen., da in der kommenden Woche 3.650 Dosen des AstraZeneca-Vakzins zur Verfügung stehen.

Landrat Bernhard Kern wies in seinen Ausführungen auf die Belastungen der Mitarbeiter im Landratsamt hin. Mit einer knappen Mitarbeiterzahl im Landratsamt habe man zu Beginn der Corona-Pandemie mit 14 Mitarbeitern im Gesundheitsamt begonnen. Nunmehr arbeiteten dort 60 Mitarbeiter, inklusive Contract Tracing Team (CTT) komme man auf rund 100 Mitarbeiter wobei seit Ausbruch der Corona-Pandemie viele Aufgaben von Mitarbeitern aus dem Landratsamt übernommen werden mussten. „Von außen bekommen wir nicht genug Personal“ betonte der Landrat, der gleichzeitig viel Lob für seine Mannschaft hatte: „Die Umstellung im Haus hat geklappt. Wir ziehen an einem Strang.“ Der Mitarbeiter-Notstand gälte auch für andere Städte und Gemeinden, wie ein Blick in die Stellenausschreibungen zeige.

Kritik an geplantem Protest in Freilassing

Wenig Verständnis zeigte er für den am Sonntag in Freilassing geplanten öffentlichen Protest: „Wir kämpfen darum, Schulen und Kitas öffnen zu können. Und dann beschäftigen Demonstrationen das ganze System.“ Der heimische Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer betonte, bei den geplanten Änderungen beziehungsweise Verschärfungen des Bundesinfektionsgesetzes schlügen zwei Herzen in seiner Brust, der Föderalismus zeige sich in der Corona-Pandemie und seiner Bekämpfung als Segen und Fluch gleichermaßen.

Bundesverkehrsminister a.D. Peter Ramsauer zeigte sich über das Engagement im Amt und im gesamten Landkreis sehr angetan: „Ihr seid echte Pioniere“ betonte er gerade mit Blick auf das Abwasser-Monitoring und sprach sich dafür aus, die Thematik verstärkt auf Bundesebene einzubringen. „Respekt, mit wie viel Innovationskraft und Herzblut ihr hier daran arbeitet, die Pandemie in den Griff zu bekommen.“ Er wolle sich dafür einsetzen, dass das „BGL-Alleinstellungsmerkmal“ zum Allgemeingut werde und wolle hier auch auf bundespolitischer Ebene für im Berchtesgadener Land mitentwickelte Konzepte und Maßnahmen wie das Abwasser-Monitoring werben. Landrat Bernhard Kern bedankte sich und betonte, dass er kürzlich bei der Online-Konferenz der bayerischen Landräte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel viel Interesse geweckt habe.