Europawahlen, große Koalition und regionale Verkehrsinfrastrukturprojekte als Stammtischgespräch Bundesminister a.D. Peter Ramsauer im Dialog mit Mitgliedern der Seniorenunion – Anwesende mit hoher Diskussionsfreudigkeit

Traunstein. CSU-„Übervater“ Franz Josef Strauß nannte es für seine Partei unverzichtbar, dass man die „Hoheit über die Stammtische“ habe. Seit rund 200 Jahren wird an Stammtischen in Gaststätten und Kaffeehäusern Politik gemacht. Hitzige Diskussionen und markige Reden manchmal inklusive.

So lief es am Freitagnachmittag in dem gut besuchten Stammtischgespräch im Sailer Keller nicht ab. Auf Einladung der Seniorenunion im CSU-Kreisverband Traunstein kamen viele Interessierte, um mit ihrem Wahlkreisabgeordneten Peter Ramsauer über aktuelle politische Themen zu diskutieren. Das Spektrum reichte dabei von europa-, bundes- über landes- zu kommunalpolitischen Themen.

Kreisvorsitzender Georg Klausner blickte zurück ins Jahr 2017, als der letzte Stammtisch stattfand. „Aber der heute ist eine gute Einstimmung auf das Jahr und die kommende Europawahl.“ Er warb dafür, vom eigenen Wahlrecht gebrauch zu machen und sah die CSU im Aufwind: „Wir haben die Chance, dass mit Manfred Weber ein Bayer Kommissionspräsident wird.“ Erstmals ging es aber um den Stammtisch: Zuhören und dann mitdiskutieren war die Devise: „Unser Wahlkreisabgeordneter soll auch etwas mitnehmen“ ermutigte er zur Wortmeldung.

Absage an „mediterranes Denken“

Bundesminister a.D. Peter Ramsauer griff in seinen Ausführungen zuvor schwerpunktmäßig das Thema „Europa“ auf. Er blickte auf die arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die grenzüberschreitend mit dem europäischen Ausland zu beachten sind (die sogenannte „A1-Bestätigung“) und mehrfach dem Unmut der heimischen Wirtschaft nach sich zieht . „Diese Themen zu lösen, da braucht man Leute, die das Herz am rechten Fleck haben.“ Sein Appell war, dass Deutschland im europäischen Dialog stärker eigene Positionen vertreten müsse: „Wir müssen Europa so mitgestalten, wie wir Deutsche uns das vorstellen.“ Deutschland werde von außen die Rollen der politischen Führungskraft und der Wirtschaftslokomotive auf dem Kontinent zugedacht. Gerade jetzt sei eine klare Positionierung innerhalb der EU wichtig, rutsche man doch durch das Herausbrechen Englands aus der Union in Richtung „mediteranes Denken“.

„Mir graust vor Schwarz-Grün“

Zur großen Koalition nahm er die alte Volksweise zu Hilfe: „Todgesagte leben länger.“ Die Stimmung in der SPD als Partei sei gespalten, in der Fraktion wisse man aber, dass Neuwahlen faktisch auch zu einer Selbstverstümmelung der Sozialdemokraten führen würden. Es gäbe aber auch eine Art von Untergangsmentalität nach dem Motto: „Schlechter wie sechs Prozent in Bayern kann es nicht werden.“ Ihm sei aber eine Koalition mit den Sozialdemokraten, für die er eine Fortsetzung mit einer 50:50 Wahrscheinlichkeit in den Raum stellte, immer noch lieber, als mit den Grünen. „Da ziehen im Hintergrund ganz andere die Fäden“ warnte er mit exemplarischen Blick auf die Positionen der Grünen in der Landwirtschaft.

Mit dem „Glücksfall“ Nord-Ost-Umfahrung, dem Aubergtunnel und der Ortsumfahrung Obing nannte er exemplarische Projekte, die er insbesondere in seiner Zeit als Bundesverkehrsminister vorangetrieben habe, die für die Region wichtige Infrastrukturprojekte sind.

Auch die Förderung und langfristige finanzielle Absicherung der heimischen Groß-Sportstätten in Inzell, Ruhpolding und am Königssee seien ein Thema gewesen, dem er in der Vergangenheit entsprechend Nachdruck verliehen habe.

Kostensteigerungen bei der Klosterkirche dient sogar als Positivbeispiel

In der ausführlichen Diskussion ging Schorsch Maier auf die Sanierung des Bundeswehr-Ausbildungsschiffes Gorch Fock ein. „Die Klosterkirche bei uns kostet ja nur das Doppelte, aber das kostet ja gleich das 13-fache.“ Die diversen Pannen bei der Flugbereitschaft aber auch allgemeine Probleme bei der Bundeswehr waren weitere Kritikpunkte. „Nicht nur bei großen sondern auch bei kommunalen Projekten passieren solche Kostensteigerungen“ so Peter Ramsauer, der aber auch einige Positivbeispiele wie beispielsweise das Satellitenterminal am Münchner Flughafen nannte. Maria Scharbert wollte – gerade im Blick auf die Wirtschaftsbeziehungen mit China nicht alles unterschreiben, was man dem US-Präsidenten Donald Trump in den Medien anhänge. Nenne dieser doch auch die Risiken in den chinesischen Expansionsbestrebungen offen beim Namen. Peter Ramsauer brachte ein Beispiel aus seiner Zeit als Ausschussvorsitzender für Wirtschaft und Energie, als er vor Ort in China wirtschaftspolitische Gespräche führte. „China hat ein unglaublich selbstbewusstes Auftreten.“ Er forderte, dass auch deutsche Unternehmen gleiche Möglichkeiten hätten, sich in Unternehmen einzukaufen wie umgekehrt. Mit Blick auf die kürzlich geäußerten Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Gesprächen auf EU-Ebene mit der Arabischen Liga sagte er, es sei „ein Balanceakt zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Pochen auf Menschenrechte zu agieren.“

Weitere Themen waren die Verunsicherung im Zusammenhang mit Dieselfahrzeugen. „Hier fehlt mir die Führungsrolle der Politik“ monierte Paul Kofler. Er prangerte die Umweltschädlichkeit der „Batterieautos“ an. Peter Ramsauer dazu: „Ich beneide meinen Amtsnachfolger Andreas Scheuer nicht.“ Die Grenzwertdiskussion beziehungsweise die Umsetzung halte er für teilweise übertrieben.

Artur Schultz wollte wissen, wie sich die „Orban-Entwicklung“ auf die Einheit der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament auswirke. Peter Ramsauer blickte zurück zur Klausurtagung in Seeon im vergangenen Jahr und resümierte: Orban versuche, den Wählern vom rechten demokratischen Rand bis links von der Mitte eine politische Heimat zu bieten. „Dass das nicht alles nach unserem Geschmack ist, ist aber völlig klar.“

Georg Langschartner hatte landwirtschaftliche Themen auf der Agenda: Bauen im Außenbereich, was gerade bei der Hofübergabe an junge Menschen von wichtiger Bedeutung sei. Dies sei für nichtprivilegierte Landwirte eine enorme rechtliche Hürde. Auch die Thematik der 2004 beschlossenen rückwirkenden Verschlechterung der Auszahlung privater Lebensversicherungen kritisierte er. „Das ist Betrug.“ Man könne dem Staat nicht mehr vertrauen. Peter Ramsauer nahm zu dem Thema „Bauen im Außenbereich“ Stellung: Er habe sich intensiv in seiner Zeit als Bundesminister zusammen mit dem Bayerischen Bauernverband bemüht, hier eine Lösung zu finden, gleichzeitig habe es gerade auf Bundesebene zu viele unterschiedliche Interessen gegeben. Bei der angesprochenen Versicherungsthematik rumore es in der CDU/ CSU-Fraktion. „Das Thema geht weiter“ machte er Hoffnung.

Dr. Rainer Grimm nahm sich des Themas „Wolf“ an. „Der gehört abgeschossen, der gehört hier nicht her.“ Er wolle wissen, ob dieses Thema in Berlin aufgegriffen werde. „Ja, mit Nachdruck“ brachte Peter Ramsauer die Positionen von Bundes-Landwirtschaftsministerin Julia Glöckner ins Spiel. Die offizielle Positionen der Grünen zu dem Thema nahm er in einem Schwenk mit: „Das geht an der Lebensrealität vorbei.“

Sepp Mayer sah Probleme mit den PV-Anlagen, bei denen die ehemals beschlossene 20-jährige Vergütung ablaufe. Peter Ramsauer sagte zum bevorstehenden traurigen Jahrestag der Katastrophe von Fukushima (11. März 2011) unter dem Stichwort „Energiewende“: „Da ist viel ,Wahnsinn‘ drin“, der Atomausstieg sei jedoch unumkehrbar, den zuletzt beschlossene Kohleausstieg monierte er massiv. Zu den PV-Anlagen: „Da muss es bessere Preise geben, sonst erreichen wir die hochgesteckten Ziele 2040 niemals.“

Ein von Peter Ramsauer selbst in den Ring der Diskussion geworfenes Thema war die Grundsteuerreform „Das ist ein Irrsinn. Die SPD versucht hier immer wieder ins Eigentum einzugreifen.“

Seniorenchef Georg Klausner würdigte abschließend Ramsauers Engagement: „Du vertrittst den Wahlkreis hervorragend.“ Auch sein Engagement für Senioren stellte er heraus. Persönlich sagte der Bundesminister a.D., der vor wenigen Tagen erst seinen 65. Geburtstag feierte, er habe den Antrag für die Seniorenunion seit längerem vorliegen. Früher oder später werde er ihn auch einmal ausfüllen und der Gruppe in der Union beitreten, in der er vom Alter her „hineingewachsen“ sei.