Apothekensprecher Seibert: „Versorgungssicherheit in unserer Region massiv gefährdet“ Heimische Apotheker legen nach – Forderungskatalog an heimischen Bundestagsabgeordneten Ramsauer übergeben

Apotheker im Berchtesgadener Land haben sich in den vergangenen Wochen dem bundesweiten Protesttag am 14. Juni angeschlossen, um auf die Gefährdung der flächendeckenden Versorgung hinzuweisen und für bessere Rahmenbedingungen zu protestieren (wir berichteten). Die Apotheker haben nun nachgelegt und kürzlich dem heimischen gewählten Direktkandidaten im Wahlkreis 225 (Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land) in den Räumlichkeiten der Johannis-Apotheke in Ainring einen 10-Punkte-Forderungskatalog überreicht. Dessen weitgehende Erfüllung sei zwingend geboten um dem seit Jahren fortschreitenden und sich zunehmend beschleunigenden Apothekensterben – auch im Landkreis Berchtesgadener Land – Einhalt zu gebieten. Sieht man doch die Versorgung der Bevölkerung zunehmend in Gefahr, wie der regionale Apothekensprecher Dr. Fabian Seibert im Gespräch betont und erschreckende Zahlen präsentiert: Gab es vor zehn Jahren noch 37 Apotheken im Landkreis sind es jetzt nur noch 24 – Tendenz sinkend. „Das darf man gar nicht weiterrechnen. Die Versorgungssicherheit in unserer Region ist bereits jetzt massiv gefährdet!“ so der Sprecher der heimischen Apotheken. Und gab es früher die Faustregel von einer Apotheke auf 3.000 Einwohner so sind es nunmehr bereit 4.500 Einwohner. Auch hier: Tendenz steigend, einige Gemeinden sind komplett unterversorgt wie Seibert schildert.

Dabei sieht er die Internetkonkurrenz nicht als das eigentliche Problem für die Betriebsaufgaben. „Die Bürger wissen, dass sie vor Ort besser versorgt werden. Sie schätzen unsere Beratungskompetenz und vertrauen uns – und das seit Generationen. Wir sind vor Ort, man kennt uns!“. Das Problem, warum zum Beispiel in der Gemeinde Anger aber auch in anderen Landkreisgemeinden keine Apotheke mehr besteht – liege neben dem Problem der Nachfolgeregelung und Personalproblemen vor allem in der zunehmend bedrohten Wirtschaftlichkeit. Und hier sei die jetzt verfügte weitere Reduzierung der Pauschalvergütung von 8,35 Euro auf mittlerweile 6,35 Euro das Quäntchen, das das berühmte Fass zum Überlaufen bringt.

Aber nicht nur die wirtschaftliche Komponente trifft die Apotheker hart, wie es Dr. Fabian Seibert enttäuscht formuliert: „Wir helfen den Menschen vor Ort und freuen uns, wenn wir persönlich etwas Gutes für Menschen in Krankheit und ihren gesundheitlichen Problemen tun können. Die fehlende Wertschätzung, die von uns von der Bundespolitik hier entgegenschlägt, trifft fast genauso wie die aufkommenden wirtschaftlichen Probleme“ so der Sprecher, der sich vor Jahren bei der Übernahme der elterlichen Apotheke in Teisendorf bewusst für diesen beruflichen Werdegang entschieden hat und aus einem Spitzenjob in der Pharmaindustrie ausgestiegen ist: „Ich will etwas für die Menschen tun und nicht nur für die Shareholder, die Aktionäre arbeiten.“ Dafür nehme man lange Arbeitszeiten, Nachtschichten, enge Gewinn- und Vergütungsmargen und wirtschaftliche Risiken in Kauf.

In dem 10-Punkte-Katalog finden sich Forderungen wie beispielsweise die Erhöhung des Fixums in der Arzneimittelpreisverordnung von derzeit 8,35 Euro netto auf 12 Euro oder die Erhöhung der Handlungsfreiheit der Apotheken für eine schnelle Patientenversorgung sowie die Forderung nach einem Bürokratieabbau. Apothekensprecher Seibert wies in dem Gespräch ergänzend darauf hin, dass die Arzneimittelversorgung vom „großen Gesundheitskuchen“ weniger als 2 Prozent ausmache. Dem stellte er stattliche 4,3 Prozent gegenüber, die alleine die Verwaltung der Krankenkassen betragen würde. „Hier stimmt einfach etwas nicht mehr! Die Ausgaben für die Arzneimittelversorgung müssen auf mindestens 2,5 Prozent angepasst werden.“

Beim heimischen Bundestagsabgeordneten Peter Ramsauer stießen die Apotheker in dem Gespräch auf offene Ohren: „Die Gesundheitspolitik des Bundesgesundheitsministers ist eine Katastrophe für den langfristigen Apothekenbestand. Hier muss umgehend gegengesteuert werden und den Apotheken eine Vergütung gezahlt werden, die den Trend der Betriebsaufgaben nicht noch beschleunigt. Ich bin über die barsche Abfuhr des Bundesgesundheitsministers schockiert“ so der Bundesverkehrsminister a.D., der im Gespräch unter Zustimmung der Anwesenden darauf hinwies, dass das Problem nicht beim Bayerischen Gesundheitsminister liege, sondern dies ein rein bundespolitisches Thema sei.

Er wolle gemäß dem Wunsch und der Bitte der heimischen Apotheker den Forderungskatalog in den Berliner Gremien zur Sprache bringen und sich für eine Verbesserung der Situation der Apotheken einsetzen. Und dem hinzufügend machte er deutlich: „Denn eines ist auch klar: Jede weitere Apothekenschließung bedeutet einen unwiederbringlichen Verlust und eine Erhöhung der Versorgungslücke mit denen sich die Bürger heute schon in Teilen des Landkreises aber auch Regionen-übergreifend in der ganzen Bundesrepublik konfrontiert sehen!“.