Bauernvertreter, Vertreter der Aktionsgruppe „Land schafft Verbindung“ und Vertreter des Bayerischen Bauernverbandes sind verärgert und fühlen sich an den Pranger gestellt – Verlässlichkeit gefordert

Traunstein. Kreisobmann Sebastian Siglreithmayer legte gleich los beim außerplanmäßig einberufenen Dialog mit dem heimischen Bundestagsabgeordneten Peter Ramsauer, der sich freute, dass zu der Sitzung im Bauernverband in Traunstein Vertreter aus drei Landkreisen (Traunstein, Berchtesgadener Land und Rosenheim) anwesend waren: „Die Hütte brennt!“. Der Landwirtschaftsvertreter benannte die Dauerbrenner Düngeverordnung, Insekten, rote Gebiete und das Mercosur-Abkommen mit den befürchteten negativen Auswirkungen auf die heimische Landwirtschaft und hängte seine Kritik gleich an: „Das ist eine Scheinheiligkeit: Co2-einsparen wollen und das Fleisch aus Südamerika holen.“ Es helfe auch nicht weiter, wenn man der Landwirtschaft finanzielle Unterstützung verspreche: „Neben einer verlässlichen Finanzierung aus der ersten Säule brauchen wir einen fairen Preis, von dem man leben könne und die Existenz der eigenen Höfe sichern könne!“

Andreas Lang von „Land schafft Verbindung – wir rufen zu Tisch!“, die im Oktober zu einer bundesweiten Demonstration aufriefen gegen das Agrarpaket der Bundesregierung und auf die Straße gingen, betonte, dass sich hier ein breites Bündnis zusammengefunden habe. Man sei verbandsneutral, wolle aber mit den Interessensvertretungen zusammenarbeiten. Man wolle am 26. November in Berlin Präsenz zeigen. „Es geht um unsere Zukunft. Aus der Landwirtschaft ist der Wohlstand entstanden und das soll auch so bleiben“, sagte Alex Ströber ergänzend.

Gesellschaft und Politik folgen zu sehr dem Mainstream

Das Agrarpaket, das auch das Insektenschutzpaket beinhaltet, wurde von Tobias Heiß kritisiert. „Es wird nur einem Mainstream gefolgt, wir sind nicht gefragt worden. Wir sind sauer!“ Er vermisse eine neutrale Unterstützung von Wissenschaftler und der Politik. Die Landwirtschaft solle das richten, was die gesamte Gesellschaft verursache. Einhergehend sei ein massiver Eingriff in das persönliche Eigentum. Er monierte auch den gefühlt fehlenden Rückhalt der „Stammpartei“ der Landwirtschaft, der CSU. Kritik gab es insbesondere über die Linie des bayerischen Ministerpräsident Markus Söder. Die CSU-Position spiele letztlich auch der AfD in die Hände. „Das Ganze ist nicht verdaut, das wird hier am Tisch deutlich,“ sagte Bundesminister a.D. Peter Ramsauer nach der offen gezeigten Verärgerung der Landwirtschaftsvertreter an dem Paket. „Wir stehen zu euch aus tiefster Überzeugung und Herzen,“ verteidigte Ramsauer gleichzeitig die Linie der CSU. Gleichwohl zeigten sich gerade aber bei der CDU andere Präferenzen, die der kleinteiligen bayerischen Landwirtschaft zuwider liefen.

Zum aktuellen Fall des Ratsbegehren über den Einsatz von BTI zur Stechmückenbekämpfung in Eching am Ammersee kam massive Kritik über doppelte Standards auf: „Und wir dürfen unsere Felder nicht schützen,“ schimpfte Gabi Thanbichler vom Bauernverband BGL. Auch Glyphosat, dessen Ausbringung 2024 nicht mehr genehmigt ist, stand auf der Agenda. „Bei uns in Bayern setzt das sowieso kaum einer ein,“ sagte Tobias Grundner. Er klagte, dass es zur Wettbewerbsgleichheit eine europaweite, einheitliche Regelung geben müsse. „Die Politik lässt sich von den NGO’s treiben,“ schimpfte Ströber. „Man rennt der großen Meinung nach.“ Landwirte würden die Mittel zweckmäßig und bedarfsgerecht einsetzen. Man würde sie nicht pauschal ausbringen. „Wir haben die Forderung, dass Pflanzenschutz weiterhin eingesetzt werden darf“, so BBV-Geschäftsführer Matthäus Michlbauer. Stalleinbrüche, die im öffentlich rechtlichen Fernsehen gezeigt würden, seien ein Skandal, da es sich hier um Rechtsverstöße handle, war sich die Runde einig. 

Verlässlichkeit gefordert

Die Kuh sei zum Streicheln da. Diese Stimmung werde in der Öffentlichkeit und teilweise über die Medien verbreitet. Die Menschen seien zu weit weg von der Landwirtschaft,“ sagte Christine Heiß, Ortsbäuerin im Landkreis Rosenheim (Kematen-Dettendorf) und forderte, dass man die echte Landwirtschaft der Bevölkerung näher bringen müsse. „Und wir brauchen wieder Verlässlichkeit und Planungssicherheit.“

Kreisobmann forderte eine Kennzeichnungspflicht. „Dann tun wir uns auch leichter in der Vermarktung.“ Es reiche nicht nur, dass Fleisch in Bayern verarbeitet werde. Die Tiere müssten auch in der heimischen Region aufgezogen und gehalten werden. „Wir brauchen dringend eine Vermarktungshalle für unsere Produkte,“ sagte der Berchtesgadener Kreisobmann Georg Baumgartner mit Blick auf die Diskussion um die Bemühungen des Rinderzuchtverbandes, einen neuen Standort zu finden.

Steuerberater Anton Heindl von der BBV-Buchstelle ermutigte die verschiedenen Landwirtschaftsverbände geschlossen und gemeinsam aufzutreten. Am Beispiel von zusätzlich benötigen Sendemasten für eine geschlossene Mobilfunknutzung, die oft auf landwirtschaftlichen Flächen stünden, betonte er: „Jeder will telefonieren aber keiner will die Funkmasten.“

Diskussionen gab es auch um „die Politik“ im Allgemeinen. Diese reichten von der sichtbaren Präsenz in den Bundestagssitzungen im Fernsehen und um die Abstimmungen über bauernrelevante Themen. Peter Ramsauer machte seine Position deutlich, die ihn zur Stimmenthaltung bei der kürzlich erfolgten namentlichen Abstimmung über die Anhebung der Mittelumschichtung von der Ersten in die Zweite Säule bewogen habe. Diese habe ihm in der CDU/ CSU-Fraktion nicht nur Zustimmung gebracht. „Ich sehe erst die Belange meiner heimischen Landwirtschaft und fühle mich nicht dem Fraktionszwang unterworfen“ so der Bundesminister a.D., der trotz der vielen brisanten Themen mit den Anwesenden noch Grund zum Lachen fand: Stand doch die Idee im Raum, er solle zur Demonstration am 26. November in Berlin von Traunwalchen aus mit einem Traktor in die Hauptstadt fahren.