Politische Entscheidungen erläutert, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufgebaut Dialog zwischen Bauernverband und der CSU – Landwirtschaftsvertreter mit klaren Erwartungen an die Politik
So manches kritisches Thema kam zur Sprache beim agrarpolitischen Austausch zwischen den Vertretern des Bayerischen Bauernverbandes der Landkreise TS und BGL und den heimischen Spitzenvertretern der CSU. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, Bundestagsabgeordneter Peter Ramsauer und Landtagsabgeordneter Klaus Steiner standen Rede und Antwort und gerade auch in der Diskussion kam so manches Thema zur Sprache, das in den vergangenen Monaten zur einen oder anderen Irritation zwischen den Landwirtschaftsvertretern und den CSU-Parlamentariern gesorgt hatte. Michaela Kaniber, Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nutzte bei dem Austausch im Siegsdorfer Festsaal die Gelegenheit, um Kritikpunkte aufzugreifen, informierte, stellte sich kritischen Fragen und warb für einen offenen, klaren und fairen Umgang miteinander.
Die Staatsministerin stieg gleich in die breite Themenpalette ein und machte deutlich, dass ein nachtarocken zu der im Mai vergangenen Jahres in Kraft getretenen Düngemittelverordnung wenig Sinn mache. „Das bringt uns nicht weiter.“ Sie packte das heiße Eisen Anbindehaltung an und wies darauf hin, dass Bayern seit über drei Jahrzehnten keinen Anbindestall mehr fördere. Sie drücke bei den Anpassungen zum Tierwohl aufs Tempo, dieses müssten für die Betriebe aber praktikabel und leistbar sein, sie wolle keinen Betrieb verlieren. Politik und Verbraucher seien gleichermaßen in der Pflicht. Dem Verbraucher attestierte sie „tiefgründige Überzeugungen und keine reinen Trends“ mehr . „Wir wollen eine ordentliche Übergangsregelung finden“ sagte sie vor dem Hintergrund des Überbietungswettbewerbs des Einzelhandels in Sachen Tierwohl.
Einigkeit im Umgang mit dem Wolf
„Beim Wolf passt kein Blatt zwischen uns“ sagte sie zu den Bauernvertretern. Es gehe um die Absenkung des Schutzstatus, wofür die Bayerische Staatsregierung kämpfe. „Wenn ein Wolf übergriffig wird, dann darf er eigentlich entnommen werden.“ Sie warnte davor, sich gegen ein länderübergreifendes Monitoring zu stellen. Die Forderungen dazu habe sie auf europäischer und Bundesebene zum Ausdruck gebracht und sich auch an den Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber gewandt.
Bundestagsabgeordneter Peter Ramsauer brach eine Lanze für eine weiter gute Zusammenarbeit mit der heimischen Landwirtschaft und ihren Vertretern. Beim Thema „Wolf“ merkte er an, dass dieser sich nicht an Verbotsschilder halten werde. „Und wenn es bei den Almen nicht geht, dann geht es in der gesamten Zivilisation nicht.“ Er wies auf „fischfreie Zonen“ im Berchtesgadener Land hin, die auf den Graureiher, Fischotter und Kormoran zurückzuführen seien, seine Haltung im Umgang mit ihnen sei klar. Wer den Wolf wolle, müsse „grün“ wählen. Dies gelte auch, wer weitere Eingriffe in das bäuerliche Eigentum befürworte. Aber wer das nicht wolle, der müsse „grün“ sein lassen.
Landtagsabgeordneter Klaus Steiner stimmte in den Chor gegen eine Ausweitung der Wolf-Population mit ein: „Wir tun dem Vieh kein Gefallen!“ Ein Wolfrudel könne in der Region nicht mehr leben und habe keinen Lebensraum, was identisch auch für den Bären gelte.
Landwirtschaftsvertreter mit klaren Erwartungen
Moderator und Traunsteiner Kreisobmann Sebastian Siglreithmayer gab die Diskussion frei, an der sich die Anwesenden umfassend beteiligten: Franz Eder aus Ainring brachte den Einsatz von homöopathischen Globuli bei Nutztieren zur Sprache, die den Antibiotikaeinsatz senken könnten und wurde von Gabi Thanbichler aus Teisendorf unterstützt: „Eine Kuh muss genauso viel Wert sein wie ein Pferd und ein Hund. Nutztiere sind aber weniger wert wie Sport- und Kleintiere.“ Staatsministerin Michaela Kaniber betonte zu dem Thema: „Wir sind dran!“ und versprach direkte Informationen an die Interessierten aus ihrem Ministerium.
Franz Pletschacher aus Grassau ging auf die Anbindehaltung ein und sagte, die Menge der Betriebe komme in der öffentlichen Wahrnehmung verzerrt herüber, da diese seiner Aussage nach nur mehr bei 15 Prozent liege. Staatsministerin Michaela Kaniber wollte die angegebenen Zahlen so positiv nicht stehen lassen legte den Fokus aber darauf, dass sie „jeden Betrieb retten wolle“. In Sachen Kombihaltung, in der Milchkühe an mindestens 120 Tagen Bewegung erhalten müssten, warb sie für klare Informationen: „Man muss den Leuten erklären was gute Praxis ist.“ Gleichzeitig müsse man auch Grenzen im gewollten Tierwohl sehen wie sie am Beispiel von meterhohem Schnee deutlich machte: „Da geht kein Vieh mehr raus.“ Sie warb für eine Informationsoffensive: „Berichtet über eure Arbeit, erklärt den Menschen, dass es den Tieren gut geht!“. Landtagsabgeordneter Klaus Steiner ergänzte: „Der Verbraucher gibt den Takt an.“ Er riet zu einer Neuausrichtung der Strategie mit landwirtschaftsfreundlichen Parteien, monierte aber auch, dass es von Seiten der Bauernschaft keine Einigkeit gäbe.
Christina Haas aus Siegsdorf forderte in ihrem langen Plädoyer: „Ihr müsst euch wieder besser repräsentieren. Lasst die Leute auf eure Höfe und ladet die Verbraucher ein.“ Sie hatte weitere Tipps parat: „Ihr müsst in die Gemeinderäte.“ In den Schulen müssten sie landwirtschaftliche Anliegen den Kindern, Schülern und Eltern vorstellen. „Zu den Bauern gehört ein Gesicht!“.
Zu den Bauern gehört ein Gesicht!
Staatsministerin Michaela Kaniber zeigte sich zu den – auch schriftlich überreichten – umfangreichen Vorschlägen der Siegsdorferin sichtlich bewegt: „Eltern abzuholen ist nicht so einfach. Das ist eine Gradwanderung“ sagte sie auch mit den eigenen Erfahrungen als Mutter. „Aber sie haben recht: Wir müssen bei den Eltern anfangen.“ Corona sei trotz Krise auch eine Chance: Unter den Verbrauchern habe ein Umdenken stattgefunden, regionale Produkte stünden zunehmend im Fokus der Menschen. Am Rande ihrer Ausführungen ermutigte sie, die Belange von Frauen mit nach vorne zu treiben. Frauen seien in der Landwirtschaft überwiegend zufrieden. Regina Schauer aus Laufen warf ein, dass man gerade auch als Vermieter mit den Menschen sprechen müsse. „Wir müssen die Leute abholen und mit ihnen reden.“ Andrea Seidinger aus Bischofswiesen wies auf ein geändertes Konsumverhalten der Menschen hin.
Auch in der Diskussion war das Thema „Wolf“ ein beherrschender Faktor wie Gabi Thanbichler aus Teisendorf ausführte: „Man muss es schaffen, die Emotionen aus dem Thema herauszunehmen!“. Dem stimmte auch die Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zu und sparte dabei auch nicht an Kritik am Verhalten des Koalitionspartners in der Bayerischen Staatsregierung. Ludwig Böddecker aus Ruhpolding warb für eine verstärkte Bereitschaft von Bäuerinnen in der Kommunalpolitik: „Wir brauchen wieder mehr Bäuerinnen in den Gremien der Gemeinden.“ Er monierte eine sehr zögerliche Bereitschaft Informationen über den Wolf, der im März in Siegsdorf am Scharam zwei Schafe gerissen hatte, zu veröffentlichen. „So geht es nicht: Abwarten bis der Nächste kommt. Man muss sofort Alarm schlagen!“.
Hans Baumgartner aus Anger befürchtete in Sachen Anbindehaltung: „Wer die nächsten 10 Jahre keinen Laufstall hat kann zusperren.“ Molkereien würden die Milch von den Landwirten nicht mehr abnehmen, wenn man sie nicht mehr verkaufen könne. Staatsministerin Michaela Kaniber legte den Blick auf die Qualität und das Image der heimischen Milch: Bergbauernmilch sei ein Markenzeichen. „Die Menschen wollen das!“. Berchtesgadens Kreisobmann Georg Baumgartner ging auf die Kombihaltung ein und monierte dass gerade auch für kleine Landwirte das Baurecht enge Grenzen setze: „Wir brauchen verlässliche Zeitschienen und Korridore.“ Thomas Reitmaier aus Seeon monierte dass zu wenig herausgestellt werde, dass die Bauern viel für den Klimaschutz und die Co2-Neutralität tuen würden. „Wir machen viel aber es wird nie darüber berichtet.“ Landtagsabgeordneter Klaus Steiner machte deutlich, dass man das alte Leitbild umsetze: „Schützen durch Nutzen“. Michaela Kaniber ergänzte: „Holzbau ist bei mir die Nummer 1! Wir werden den Holzbau in Bayern massiv ausbauen!“ so die Forstministerin.